Mein perfekter Tag

Mein perfekter Tag findet täglich statt

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Dieser Tag fing gar nicht gut an. Ich hatte Kopfweh.

Irgendwie habe ich auch am Vortag etwas gegessen, was noch ganz flau in meinem Magen lag und ich fühlte mich einfach nicht wohl. So richtig wähhh. Mein Spiegelbild gefiel mir auch nicht und natürlich war es auch ein „Bad Hair Day“. Was soll an so einem Tag dann noch klappen?

Wenn man schlecht drauf ist, ist irgendwie alles schlecht: der Kaffee am Morgen war zu heiß, sodass ich mich verbrannte, ich fand einfach keine passende Kleidung und durch die Magenflauheit hatte ich einen kleinen Blähbauch und fühlte mich daher unglaublich dick. Also am Besten irgendetwas überwerfen, was weit und „sackförmig“ ist. Damit fühlt man sich aber auch nicht gerade attraktiv – es ist ein Teufelskreis.

Da ich erst nachmittags arbeiten musste, konnte ich den Vormittag wenigstens mit Nichtstun verbringen. Ich hielt es in der Wohnung sowieso nicht aus, denn irgendwie hätte diese wieder aufgeräumt gehört und ich hätte mich wohl noch hundertmal umgezogen, also entschloss ich mich, dass ich hinausgehe. Ich schnappte meinen Golden Retriever und beschloss ins Grüne zu fahren. Irgendwohin, wo ich alleine Trübsal blasen konnte und mein Hund ein wenig Auslauf hatte.

Ich fuhr am Schafberg. Dieser ist nahe gelegen und vormittags ist kaum jemand dort. Als ich ankam freute sich wenigstens mein Hund und ich beschloss mich ins Gras zu setzten, da ich wegen meinem Magen keine große Lust auf lange Spaziergänge hatte.

...und da passierte die Wende...

Ich saß sicher schon an die fünfzehn Minuten, als ich begann das Gras um mich zu beobachten. Die feinen Gräser, die kleinen Blumen, die Kleeblätter und die kleinen Tiere. Ameisen, Käfer, Fliegen – alle waren fleißig unterwegs und irgendwie sah es aus, als hätte jeder einen Plan, was gerade zu tun war. Die Ameisen liefen eifrig in dieselbe Richtung, manche waren sogar schwer beladen, eine Biene klapperte jede Blume in der Umgebung ab und war diese auch noch so klein. Ein Käfer mühte sich von Grashalm zu Grashalm um wenige Zentimeter weiterzukommen. Die Insekten machten einen glücklichen Eindruck – komisch nicht!? Ich musste lächeln, ich suchte im Klee ein Vierblättriges, fand aber keines. Ein altes Ehepaar kam vorbei, Hand in Hand mit zwei Hunden und grüssten mich freundlich. Sie sahen sehr glücklich aus, sogar die Hunde hatten irgendwie ein Lächeln auf der Schnauze. Mein Hund freute sich über die Begegnung und wedelte mit den beiden anderen um die Wette. Ja – mein Hund grinste auch.

Ich beschloss in ein Cafe zu fahren und es noch mal mit einer Melange zu versuchen. Dort angekommen beobachtete ich die Menschen. Manche waren hektisch, mache hatten Zeit, in dem Cafe saßen viele, die genüsslich einen Kaffee tranken oder sich über eine Mehlspeise her machten. Jeder für sich war beschäftigt. Jeder war für sich über andere Dinge glücklich – die junge Frau freute sich, dass ihr Baby endlich einschlief, die beiden alten Damen freuten sich, dass ihre Torten kamen, der Mann der in Hektik vorbei lief freute sich, dass die Ampel recht zeitig grün wurde. Ja, die kleinen Ding des Alltags, die Dinge, die man oft übersieht, die da sind und man sie gar nicht beachtet.

Ich sah in den Spiegel, der im Lokal hing. Eigentlich sah ich gar nicht so schlecht aus, wie ich dachte. Eigentlich ging es mir ja gut. Eigentlich sollte ich nicht Trübsal blasen.

Diese Gedanken ließen mich scheinbar lächeln und das junge Mädchen, welches nur zufällig vorbeiging, lächelte zurück. Ich beschloss, den Tag zu mögen. Ich freute mich über den Melange, ich streichelte meinen Hund, der zufrieden grunzte, ich konzentrierte mich auf viele Details, die ich normalerweise gar nicht beachtet hätte: die kleinen Blumen am Kaffeetisch, das Bild vom Meer an der Wand, die Dekoration der Auslage vis-a-vis. Das Leben ist eigentlich schön, wenn man es zulässt.

An diesem Tag war ich dann so gut drauf wie schon lange nicht mehr. In der Arbeit lächelte ich viel und hatte viel Spaß mit den Kunden. Diese freuten sich, weil ich freundlich war und bedankten sich durch Lächeln, durch liebe Worte und durch Freude.

Der Tag war für mich perfekt, als ich den Abend, nach einem selbst gekochtem Essen mit einem Glas Wein, mit meinem Mann auf der Terrasse ausklingen ließ, denn ich wusste:

Die kleinen Dinge des Lebens sind wichtig, die Details des Alltags, die jeden Tag zu einem speziellen Tag machen. Es gibt genug Sorgen und Ängste, die wir nicht beeinflussen können, daher muss man sich nicht zusätzlich Frust einhandeln.

Ich versuche seither jeden Tag zu genießen und ich will jeden Tag neu erleben. Der perfekte Tag muss nicht perfekt sein, das Leben muss nicht perfekt sein, aber jeder Tag soll lebenswert sein, dann ist auch das ganze Leben so.

Mein perfekter Tag findet nun täglich statt – manchmal mehr und manchmal weniger – aber da ich jeden Tag nur einmal erleben kann, versuche ich diesen auch so zu gestalten.

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