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Meine Hände beginnen zu zittern und irgendwie merke ich das ich zu schwitzen beginne.

- dabei bin ich noch nicht mal aus dem Bett geklettert. Ich glaube es war die längste Woche meines Lebens.

Noch nie in meinem Leben habe ich einen Montag so herbeigesehnt und doch so weit wie möglich weg schieben wollen. Ich raufe mich auf und geh ins Bad. Ein Blick in den Spiegel. Einen Woche Schlafmangel macht sich mit dunklen Ringen bemerkbar, an sonst sehe ich nicht anders aus, wie sonst auch! Mein Hals ist noch immer beleidigt ,von dem Eingriff, aber das nehme ich nur am Rande wahr.

1000. Gedanken schießen mir durch denn Kopf. Wie als Kind versuche ich mir alle Möglichkeiten vorzustellen... Als ich sechs Jahre alt war, ließen sich meine Eltern scheiden. Da Kinder nicht dumm sind ,wusste ich es lange, bevor es mir meine Mutter mitteilte.

Wochenlang hatte ich mich schon in den Schlaf geweint und reagierte dann beim Gespräch mit meinen Eltern sehr ruhig und gefasst,so dass sie glaubten es würde mich gar nicht so belasten. Diese Strategie behielt ich mein Leben lang bei.

Aber jetzt blicke ich in diesen Spiegel und hab keine Ahnung wie ich mich vor meine Angst befreien könnte. Zu Hause würde ich mich jetzt in die Badewanne legen, und eine Runde heulen. Hier aber versuche ich meine Angst nur zu verbergen und möglichst fröhlich zu wirken.

Die ganze letzte Woche bekam ich Besuch von lieben Freunden ,Bekannten und Verwandten alle mit aufbauenden Worten bedacht. Sogar einige meiner Klassenkameraden haben mich besucht und mir fleißig SMS geschickt. Wirklich alle, sehr nett und bemüht, aber ich hätte am liebsten nur die Decke über den Kopf gezogen und gesagt: „Leider, keiner zu Hause!“

Doris, meine Sitznachbarin hat mir gestern den Schulstoff der letzten Woche vorbeigebracht.

Sie hat mir genau erklärt ,wo ich meine Arbeitskleidung für mein Praktikum im AKH-Krankenhaus abholen kann. Nun im Krankenhaus bin ich schon, nur leider nicht als Praktikantin!

Ein neuer Gedanke sitzt sich in meinem Gehirn fest!

Vielleicht haben mich deshalb die Lebensgeschichten von Müttern die Sterben müssen immer so gefesselt. Menschen die stark sind und dabei so schöne Ideen für ihre Liebsten haben!!. Ob ich auch bald Karten für die nächsten Jahre im vor raus schreiben werde?

Vor allem würde ich es schaffen nicht in Selbstmitleid zu baden und in Wut zu vergehen?

Auch wenn ich meinen Mann und meine Kinder über alles liebe, würde ich es ihnen leicht machen können?

Warum gerade jetzt, wo ich einen ganz neuen Lebensabschnitt begonnen hatte so stolz und glücklich war?

Oh Gott, ich weiß das sagen alle! Wer will schon sterben?

Es ist mittlerweile 9 Uhr morgens und mein behandelnder Arzt betritt das Zimmer. Er guckt freundlich, aber nicht sagend! Die Luft bleibt mir weg und ich krächze ein guten Morgen!

In meinen Ohren rauscht es so laut, das ich nicht sicher bin ,ob ich ihn wirklich richtig verstanden habe. Ich frage noch mal nach. „ Sie können beruhigt nach Hause gehen, es ist definitiv kein Lungenkrebs sondern Sakredose! Somit steht ihrem Praktikum auch nichts mehr in Wege!“ Wahrscheinlich hat sich noch nie jemand in seinen Leben so über eine Sakredose gefreut wie ich in diesem Moment. Es ist halt doch irgend wie alles relativ im Leben!

Ein paar Stunden später sitze ich am Ufer vom Wolfgangsee. Ich atme ganz bewusst, die gute Seeluft ein. Blicke dabei in das Wasser wo meine Kinder herumplanschen und bin einfach nur glücklich und dankbar am Leben bleiben zu dürfen!

Mein Mann hält meine Hand und fragt mich . „ Na, gefällt dir dieser Tag?“„ Er ist perfekt!“

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