Das große Mutter-Tochter Interview

Anna Mikl-Leitner: „Habe mich für meine Mama nie geschämt“

Teilen

Am 29. Jänner wählt Niederösterreich. Keine sichere Sache für LH Johanna Mikl-Leitner, die wir zum persönlichen Interview mit Tochter und ­Wählerin Anna baten.   

"Es steht alles auf dem Spiel“, warnte sie beim Wahlkampfauftakt – und bleibt dabei. Tatsächlich erlebt man im Landhaus in St. Pölten dieser Tage eine – für ihre Verhältnisse – recht angespannte Landeshauptfrau. Am Sonntag, 29. Jänner, wählt ihr Bundesland und entscheidet, ob mit Johanna Mikl-Leitner (58) die ÖVP an der Spitze im einst so tiefschwarzen Niederösterreich bleibt. Abseits der (heftigen) politischen Debatten baten wir Mikl-Leitner zum persönlichen Talk mit einer jungen Wählerin – einer ihrer beiden Töchter, Anna, die als 21-jährige Medizinstudentin manch ein Anliegen an die Politik hat …

Anna Mikl-Leitner: „Habe mich für meine Mama nie geschämt“
© Kernmayer
× Anna Mikl-Leitner: „Habe mich für meine Mama nie geschämt“

Natürlich lautet das Stichwort zur Stunde „Wahlkampf“ – ein Unwort für Sie?
Johanna Mikl-Leitner: Für mich ist es die schönste und herausforderndste Zeit im Leben einer Politikerin.
Und für Sie als Tochter?
Anna Mikl-Leitner: Unsere Mama ist jetzt natürlich sehr viel unterwegs, aber das ist sie ja sowieso immer. (lacht) Ich merke aber schon, dass es derzeit noch intensiver ist für sie.
Ist sie auch angespannter als sonst?
Anna Mikl-Leitner: Ja, sie ist schon sehr gefordert. Es ist natürlich eine besondere Situation. Aber sobald sie zu Hause ist, kann sie sich eigentlich immer noch sehr gut entspannen und abschalten – und ist dann ganz bei uns.
Wie angespannt sind Sie auf einer Skala von 1 bis 10, würden Sie sagen?
Johanna Mikl-Leitner: In einem Wahlkampf ist man immer angespannt, schließlich geht es um die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher – und diesmal geht es um alles! Nämlich darum, ob wir, die Volkspartei Niederösterreich, weiter dieses Land regieren oder ob Blau-Rot kommt.
Würden Sie sagen, es ist der härteste Weg, den Sie jemals gehen mussten in Ihrer politischen Karriere?
Johanna Mikl-Leitner: Ja, es ist sicher einer der intensivsten, denn diesmal geht es wirklich um alles.
Anna, welche sind denn für Sie als Tochter und junge Wählerin die spannendsten Themen in diesem Wahlkampf?
Anna Mikl-Leitner: Als Wählerin würde ich sagen, die Themen Klima und Pflege. Ich studiere ja Medizin, also ist alles, was das Gesundheitssystem und mehr Medizin-Studienplätze betrifft, sehr spannend für mich. Ebenso wie das Klima – etwa, wie ich mit den Öffis zur Uni komme und wie wir unseren CO2-Footprint vermindern können.
Was können Sie diesbezüglich Ihrer Tochter versprechen – und auch halten?
Johanna Mikl-Leitner: Dass wir genau an diesen Themen hart arbeiten, weil das gesamte Thema Gesundheit und Pflege für viele Menschen wichtig ist und es an Mitarbeiter:innen, Ärzt:innen und auch Pflegepersonal fehlt – nicht nur bei uns in Niederösterreich. Wir setzen an allen Ecken und Enden an und haben hier auch schon einige, glaube ich, sehr wesentliche Schritte gesetzt. Wir haben etwa die Medizinstudiums- und auch die Pflegeausbildungsplätze aufgestockt. Wichtig ist uns auch der niedergelassene Bereich. Vier Prozent der Arztordinationen sind in Niederösterreich nicht besetzt. Und hier haben Ärztekammer und Gesundheitskasse endlich eine Lösung gefunden: Es gibt jetzt einen Ärztepool, über den diese Ordinationen betreut werden, bis sie wieder fix besetzt sind. Ich denke, all das sind Schritte in die richtige Richtung. 

Stichwort Klima. Da haben Sie für heftige Debatten gesorgt, weil Sie härtere Strafen für Klimakleber fordern. Halten Sie diese Kriminalisierung wirklich für nötig?
Johanna Mikl-Leitner: Ich verstehe die Anliegen und Sorgen der Menschen. Aber diese Methoden sind meines Erachtens weit überzogen – vor allem, wenn Menschenleben gefährdet sind, weil etwa Rettungskräften Straßen versperrt werden. Aber wir wissen natürlich alle, dass in Sachen Klima viel zu tun ist. Deshalb haben wir in Nieder­österreich auch einen Energie- und Umweltfahrplan festgelegt, in dem ganz klar definiert ist, was umzusetzen ist. Verdreifachung von Windkraft, Vervierfachung von Photovoltaik, Ausbau von Kleinwasserkraftwerken und natürlich auch Biomasseanlagen. All das wird uns helfen, Richtung Energieunabhängigkeit zu kommen. Ich halte das für ganz, ganz wichtig. Und wir können schon auch ein bisschen stolz sein, dass wir in Niederösterreich schon viel geschaffen haben, denn mittlerweile kommen über 50 Prozent der Windenergie aus unserem Bundesland sowie über 25 Prozent der Sonnenenergie – trotzdem heißt es bei uns: noch mehr Tempo zu machen!
Anna, geht Ihnen das als junge Wählerin alles schnell genug?
Anna Mikl-Leitner: Natürlich hat man oft das Gefühl, dass alles viel schneller gehen müsste, aber allein schon dieser Bewusstseinswandel braucht einfach seine Zeit. Ich achte beispielsweise sehr auf Nachhaltigkeit im Alltag, aber bei vielen ist das noch gar nicht so verankert. Da gilt es, ein noch viel stärkeres Bewusstsein zu schaffen.
Johanna Mikl-Leitner: Anna kauft nach ganz strengen Kriterien ein. Junge Menschen sind in diesem Bereich überhaupt wichtige Vorbilder. Ich werde öfter von meinen Mädchen gemaßregelt, was das betrifft – und das ist auch richtig so.
Werden Sie als Tochter der Landeshauptfrau oft von außen mit Kritik bezüglich der Politik konfrontiert?
Anna Mikl-Leitner: Es ist schwierig, da die Bundespartei in den letzten Monaten oder im letzten Jahr mit vielen Skandalen konfrontiert war und ich da natürlich immer wieder scharfe Kritik zu hören bekommen habe. Aber die Mama ist ja nicht „schwarz“ oder „türkis“ – sie ist „blau-gelb“, sie ist Landeshauptfrau von Niederösterreich und macht das sehr gut. Das sehen die Leute in meinem Umfeld auch und viele von ihnen sagen: „Egal zu welcher Partei deine Mama gehört – ich würde sie wählen, weil sie ihren Job gut macht.“
Aber als Politiker-Tochter braucht man schon eine gute Teflonschicht, oder?
Anna Mikl-Leitner: Ja, aber ich glaube, dass wir Töchter uns da schon ein bisschen eine festere Schicht zugelegt haben.
Und wie steht es um Ihre Teflonschicht – wurde diese in den letzten Monaten nicht ein wenig angekratzt?
Johanna Mikl-Leitner: Also ich würde lügen, wenn ich sage, dass all diese Untergriffe und Angriffe, die ich in den letzten Wochen erleben musste, einfach so an einem vorbeigehen. Deswegen bin ich auch froh, dass wir einen kurzen, intensiven Wahlkampf haben – sodass wir am 30. Jänner hoffentlich wieder alle zur Vernunft zurückkehren und dieses Hickhack, Untergriffe und Angriffe auch wieder beendet werden. Aber ich bin mittlerweile 30 Jahre in der Politik und die Menschen kennen mich, wie ich bin – da werden auch die Angriffe und Untergriffe hoffentlich nicht zu viel an Verletzungen anrichten. (lacht)
Gab es in Ihren 21 Lebensjahren Momente, in denen Sie sich gewünscht hätten, dass Ihre Mutter einen anderen Job hat?
Anna Mikl-Leitner: Nein, weil ich von Klein auf damit aufgewachsen bin, dass die Mama in der Öffentlichkeit erkannt wird, dass die Leute ihr komische Blicke zuwerfen oder dass Fotos gemacht werden. Ich kann mich besonders an den Tag erinnern, als wir mit unseren Eltern im Auto saßen und Mama den Anruf bekam, ob sie sich vorstellen könnte, Innenministerin zu werden. Da hat sie mit uns darüber geredet, ob sich das mit unserer Familie vereinbaren ließe – und wir haben alle sofort gesagt: „Ja, Mama, du schaffst das!“
Ohne diesen Rückhalt hätten Sie diese Karriere wohl nie machen können ...
Johanna Mikl-Leitner: Absolut! Aber es macht mich auch wirklich stolz, wie meine Kinder das immer gemeistert haben, dass bei uns zu Hause alles immer ein wenig anders war.
Anna Mikl-Leitner: Wir haben uns auch nie geschämt, wenn sie erkannt wurde, sondern fanden es toll, wie sie immer auf die Leute offen zuging.
Sie studieren zwar Medizin, aber könnten Sie sich vorstellen, selbst eines Tages in die Politik zu gehen?
Anna Mikl-Leitner: Natürlich bin ich politisch interessiert. Ich finde es auch wichtig, dass man sich mit diesen Themen beschäftigt, schließlich geht es um unser aller Zukunft. Aber ob ich selbst in die Politik gehen würde, würde ich eher mit Nein beantworten. Weil ich einfach gesehen habe, wie viel die Mama arbeitet, wie sehr sie in der Öffentlichkeit steht, wie hart sie ja auch angegriffen wird von anderen Parteien und Leuten. Das möchte ich nicht für mein Leben. Aber es ist trotzdem beeindruckend, wie sie das alles unter einen Hut kriegt und trotz dieser Arbeit immer für die Familie und Freunde da ist.
Und wenn nun doch eine Ihrer Töchter in Ihre beruflichen Fußstapfen treten würde ... würden Sie ihnen davon abraten?
Johanna Mikl-Leitner: Nein, ich würde mich sehr freuen! Aber sie sollen ihren Weg gehen und all das machen, was sie sich selbst wünschen. Wenn eine dann doch in die Politik geht, ist es toll – aber ich freue mich auch riesig, wenn Anna eine großartige Ärztin wird.
Eine Ärztin in der Familie ist doch perfekt ...
Johanna Mikl-Leitner: Ja, meine Altersvorsorge sozusagen. (lacht)   

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.
OE24 Logo