Justiz-"Thriller" für Jackson-Leibarzt Murray

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Schon wenige Stunden nach dem Tod von Michael Jackson im Juni 2009 war der Leibarzt des Popstars ins Visier der Polizei geraten. Sieben Monate nach dem Vorfall beginnt für Conrad Murray ein Justiz-"Thriller". Der 56-Jährige Kardiologe muss nun vor Gericht.

"Er wird sich am Freitag stellen", sagte Murrays Anwalt, Michael Flanagan, vorab der US-Zeitschrift "People". "Ich rechne mit einer Anklage wegen fahrlässiger Tötung, worauf wir mit 'nicht schuldig' plädieren werden". Nach Informationen des Senders CNN sollte es für Murray am Freitag um 13.30 Uhr Ortszeit (22.30 Uhr MEZ) vor Gericht in Los Angeles ernst werden.

Murray hat stets seine Unschuld beteuert. Im vergangenen August, als die Ermittlungen wegen eines Tötungsdelikts gegen ihn bereits voll im Gang waren, meldete er sich erstmals öffentlich zu Wort. In einer einminütigen Videobotschaft versicherte der Arzt, er habe alles getan, was er konnte. "Ich habe die Wahrheit gesagt und ich vertraue darauf, dass die Wahrheit siegen wird", fuhr der Mediziner fort. Auf die Vorwürfe der Ermittler, dass er dem Sänger gefährliche Medikamente verabreicht und ihn dann alleine gelassen habe, ging er aber nicht näher ein.

Nach dem amtlichen Ergebnis der Gerichtsmedizin wurde Jackson Opfer eines Tötungsdelikts. Eine "akute Vergiftung" mit dem Narkosemittel Propofol sei die Ursache für das Herzversagen des 50-Jährigen gewesen, lautete der im August veröffentlichte Befund. Murray hatte im Polizeiverhör zugegeben, Jackson auf dessen Verlangen Propofol verabreicht zu haben. Der Sänger litt an schweren Schlafstörungen und hatte in der Nacht vor seinem Tod trotz der vielen Beruhigungspillen keine Ruhe finden können.

Propofol wird normalerweise nur vor Operationen oder auf der Intensivstation im Krankenhaus gespritzt und erfordert die ständige Überwachung des Patienten. Dennoch ging Murray nach der Injektion eigenen Angaben zufolge kurz zur Toilette und ließ Jackson allein. Bei seiner Rückkehr habe der Popstar nicht mehr geatmet. Seine Wiederbelebungsversuche scheiterten, erklärte der Kardiologe der Polizei. Statt umgehend Hilfe anzufordern, ließ er nach Angaben des Polizeiberichts 82 Minuten verstreichen. Nachforschungen ergaben, dass er in dieser Zeit drei Gespräche von insgesamt 47 Minuten Dauer über sein Mobiltelefon führte.

Nach Murrays Aussage war er nicht der erste Mediziner, von dem Jackson Propofol erhielt. Auch Jacksons Hautarzt, Arnold Klein, der den "King of Pop" jahrelang mit starken Beruhigungsmitteln und anderen Medikamenten versorgt haben soll, stand der Polizei zeitweise Rede und Antwort.

Jacksons Familie drängt seit langem auf eine harte Bestrafung Murrays. "Ich denke, dass er Schuld hat", sagte die US-Sängerin Janet Jackson im November in einem TV- Interview. Der Leibarzt habe derart leichtfertig gehandelt, dass eine Anklage wegen Totschlags angebracht sei, sagte Familien-Anwalt Brian Oxman am Mittwoch dem Sender CBS. Mit einem Vorwurf von "fahrlässiger Tötung" käme Murray viel zu leicht weg. Im Falle eines Schuldspruchs drohten dem Mediziner dann maximal vier Jahre Haft.

Murray praktizierte in Texas, Nevada und Kalifornien, bevor er im Mai 2009 von Jackson als Leibarzt eingestellt wurde. Der Sänger soll selbst darauf gepocht haben, dass der Mediziner ihn vor und während seiner Konzertreihe von Juli an in London betreuen würde. Der Veranstalter AEG Live habe Murray dafür 150.000 Dollar pro Monat gezahlt, hieß es. Murray konnte das Geld gut gebrauchen. Er hatte nach Angaben von US-Medien Hunderttausende Dollar Schulden. Er stand unter anderem wegen ausstehender Unterhaltszahlungen für ein uneheliches Kind vor Gericht.

Neben seinem Anwalt Ed Chernoff hat der Kardiologe kürzlich auch den kalifornischen Strafrechtsexperten Michael Flanagan hinzugezogen. Nach Informationen der "Los Angeles Times" hatte Flanagan den bisher einzigen Fall in Los Angeles gewonnen, bei dem es zu einer Anklage wegen eines Todes durch Propofol gekommen war. Vor sechs Jahren waren zwei Krankenschwestern angeklagt worden, einem Krebspatienten ohne Aufsicht eines Arztes das Mittel verabreicht und ihn getötet zu haben. Flanagan verteidigte eine der beiden Frauen und erreichte einen Freispruch.

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