Hollywood-Bekenntnisse

So kämpft Rose gegen Weinstein & Co

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Am 30. Jänner erscheint Rose McGowans Biografie „Brave“, die nicht nur Harvey Weinstein an den Pranger stellt, sondern auch die Verlogenheit der gesamten Hollywoodbranche

Vor 20 Jahren war Produzent Harvey Weinstein Rose McGowans größter Albtraum. Als er die mit der Serie Charmed bekannt gewordene Schauspielerin laut ihrer Aussage 1997 auf dem Sundance Film Festival vergewaltigt hatte, begann für sie eine neue Zeitrechnung. „Ein Teil von mir blieb zurück“, erzählt McGowan in einem Interview mit der Vanity Fair. „Ich wurde in diesem Moment ermordet.“

Endlich ausgesprochen

Doch 20 Jahre später scheint McGowan den Spieß umgedreht zu haben. Die 44-Jährige ist nun eine jener Frauen, die „das Monster“ zu Fall gebracht haben. Im Zuge der #metoo-Debatte war Rose McGowan eine der Ersten, die ihre negativen Erlebnisse mit Weinstein publik machte und die auch im neuen Jahr darum kämpft, die Diskussion keinesfalls abebben zu lassen. Ihre Waffen sind Twitter und eine nicht unbeachtliche Followerschaft, die sich #RoseArmy nennt, Erlösung verheißende Sicherheit und die Überzeugung, nichts mehr verlieren zu können. Die Bekenntnisse in ihrer diese Woche erscheinende Biografie Brave, an der sie bereits seit drei Jahren arbeitet, zielen jedoch nicht nur auf Weinstein.

Hinter den Kulissen der Traumfabrik

„Brave“ soll „sie alle“ zur Rede stellen, McGowan prangert Hollywoods gesamtes Mikrosystem an – Zulieferer, Konsumenten, Medien und Fans. Ihre Conclusio basiert auf ihrer eigenen Geschichte, die auch für hollywoodeske Verhältnisse eine höchst ungewöhnliche ist. McGowan wurde in Italien in die Sekte Family International hineingeboren, eine Kommune, die den Reiz der Frauen für die Anwerbung neuer Jünger einsetzt. Erst als ihre Tochter ins Schulalter kam, ließen ihre Eltern die Sektenvergangenheit hinter sich und zogen in die USA. Dort trennten sich die beiden, und die junge Rose pendelte nicht nur zwischen Mutter und Vater, sondern auch regelmäßig zur Psychotherapie.

Mit 13 Jahren lief sie von zu Hause weg und schlug sich eine Zeit lang auf der Straße durch. Mit 15 kam sie bei einem reichen Beverly-Hills-Spross unter, der ihr Partner und, wie sie erzählt, erster Wolf im Schafspelz wurde. „Ein weiterer Kult nahm mich in Empfang: Hollywood.“ In Brave lässt Rose McGowan hinter den Vorhang ihrer 20-jäh­rigen Karriere blicken – eine tragische Geschichte, in der Missbrauch kein Einzelfall ist. Belästigung am Set, Ausbeutung durch Regisseure, Mittäterschaft von Agenten und Managern, entwürdige Kritik aus den Haar-, Make-up- und Stildepartments und Geläster seitens der Medien. Selbst als McGowan kurz vor dem Schlüsselmoment in Weinsteins Hotelzimmer Bedenken zeigte, überredete ein Kollege im Management sie dazu, tatsächlich hinzugehen – sie solle schließlich „dem großen Mann gegenüber doch ein wenig Respekt zeigen“.

Mysteriöse Zwischenfälle

Auch wenn Weinstein mittlerweile scheinbar zu Fall gebracht wurde, bleibt „ihr Monster“ für sie weiterhin präsent. Denn wie tatsächlich ans Licht kam, engagierte Weinstein im Laufe der Enthüllungswelle im Herbst selbst private Ermittler, um Informationen zu sammeln, die seinen Anklägern schaden könnten. So stellte sich bei McGowan u. a. eine „Diana Filip“ als Frauenrechts­aktivistin vor, mit der sie sich recht offen bezüglich des Themas austauschte. „Ich bin sehr offen in meinen Worten gegenüber dem Monster. Mit wem auch immer ich darüber gesprochen haben mag, mir war klar, dass er davon erfahren würde.“ Im Nachhinein entpuppte sich die vermeintliche Aktivistin auch als Weinstein-Angestellte. Es folgten weitere mysteriöse Ereignisse. McGowan verlor letztes Jahr auf dem Weg zum Women’s March ihre Geldbörse im Flugzeug, sie erzählt, sie „habe gezittert und hatte eine böse Vorahnung“. Kurz darauf wurde sie von der Polizei kontaktiert, die angeblich zwei kleine Säckchen Kokain darin gefunden hatte. McGowan bestreitet, dass diese ihre seien, und glaubt, dass dies eine Finte ihres Erzfeindes sei. Anfang Februar soll sie zu diesem Thema gerichtlich angehört werden.

Keine Lust mehr auf Schweigen

Was auch immer die Wahrheit ist, so hat sie Rose McGowan neuen Mut gemacht, ihr ganzes Wesen eingenommen. Neben ihrem Buch ist in den USA auch eine fünfteilige Doku-Serie über ihr Wirken als Aktivistin angelaufen. Citizen Rose, wie die Doku heißt, soll den Zuseher ihre Denkweise und ihre Erlebnisse näherbringen. Zwanzig Jahre lang hat sie geschwiegen, nun lässt sie sich von niemandem mehr den Mund verbieten. „Sie haben ein verdammtes Monster erschaffen und in weiterer Folge auch ein verdammtes Problem“, so McGowan im Interview mit der Vanity Fair. „Ich bin für sie das Problem. Er repräsentiert sie alle für mich. Und deshalb muss er vernichtet werden.“

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