MADONNA-Talk mit der Frauenministerin

Pamela Rendi- Wagner im Interview

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Am Weltfrauentag wurde Pamela Rendi-Wagner als neue Frauenministerin angelobt. Das darf ruhig als gutes Omen gedeutet werden, denn seither wurde etwa eine Frauenquote in Aufsichtsräten beschlossen. Was sie noch vorhat.

Pamela Rendi-Wagner (46) ist am 8. März diesen Jahres angetreten, um sich „mit voller Kraft“ für die Frauen in diesem Land einzusetzen, wie sie im MADONNA-Talk verrät. Der Tag ihrer Angelobung ist übrigens auch der Weltfrauentag – und das darf ruhig als gutes Omen gedeutet werden. Denn seit Rendi-Wagner Frauenministerin – und Gesundheitsministerin – ist, ist etwa die Frauenquote in Aufsichtsräten durchs Parlament gegangen. Ein wichtiger Schritt, wie die Medizinerin betont, aber längst nicht das Ziel. Im Talk verrät die Mutter von zwei Töchtern, welche Baustellen sie noch angehen will: „In skandinavischen Ländern ist klar, dass der Kindergarten die erste Bildungseinrichtung ist. Da können wir uns etwas abschauen.“ Außerdem fordert sie einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr sowie auf den Papamonat in der Privatwirtschaft.


Warum ist die Lohnschere zwischen Männern und Frauen – mit über 24 Prozent – immer noch so groß?
Pamela Rendi-Wagner:
Einerseits übernehmen Frauen nach wie vor den Großteil der unbezahlten Arbeit – Karenz, Kinderbetreuung, Haus- und Pflegearbeiten – und haben dadurch Nachteile im Erwerbsleben. Sie arbeiten viel häufiger Teilzeit als Männer und verdienen dementsprechend weniger, sind aber auch stärker in Branchen tätig, die schlechter bezahlt sind als typische „Männerberufe“ und weniger häufig in Führungspositionen zu finden. Dazu kommt auch noch schlicht und einfach Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts. Das ist zwar gesetzlich nicht erlaubt, passiert aber trotzdem.


Bei den Bildungsabschlüssen haben Frauen die Männer bereits überholt. Warum spiegelt sich das bei Gehältern nicht wider?
Rendi-Wagner:
Frauen sind zwar mittlerweile besser ausgebildet, aber in schlechter bezahlten Branchen tätig. Wir wissen aus Studien auch, dass Frauen und Männer, die beim Berufseinstieg noch gleich verdienen, über die Jahre hinweg unterschiedliche Karriere- und auch Verdienstverläufe haben. Das liegt wiederum an Auszeiten aufgrund von Kinderbetreuung.

Was müsste in Österreich geändert werden, um Frauen ein gleiches Gehalt wie Männern zu ermöglichen?
Rendi-Wagner
: In Österreich reden wir wenig über Geld. In Schweden kann man Einkommen einsehen. Wenn Frauen wissen würden, was ihre männlichen Kollegen verdienen, würden sie auch anders, und zwar gestärkt, in Lohnverhandlungen hineingehen. Deswegen braucht es ein Lohntransparenzgesetz. Außerdem müssen wir Rahmenbedingungen schaffen, die es Frauen und Männern möglich machen, für sich selbst zu entscheiden, ob und wie lange sie in Karenz gehen, wann sie wieder in den Job einsteigen, oder welcher Elternteil länger bei den Kindern bleibt. Solange Kindergärten um 13 Uhr zusperren oder für unter Dreijährige keine Plätze da sind, ist das nicht gewährleistet. In Ländern wie Schweden oder Finnland ist es üblich, die Kinder um 17 Uhr von der Schule abzuholen. In Frankreich ist die Karenzzeit wesentlich kürzer für Frauen und das Angebot an Kindertagesstätten, Kindergärten etc. wesentlich größer. In Island gehen fast alle Männer in Karenz, da die Karenzzeit der Mutter ebenfalls wesentlich kürzer ist.

Wieso funktionieren diese Dinge nicht in Österreich?
Rendi-Wagner:
In skandinavischen Ländern ist klar, dass der Kindergarten die erste Bildungseinrichtung ist, von der die Kinder und die Gesellschaft unheimlich profitieren. Da können wir uns etwas abschauen. Um das auch bei uns umzusetzen, braucht es einen bundeseinheitlichen Qualitätsrahmen, der Kriterien wie Öffnungszeiten, Gruppengrößen, Betreuungsschlüssel und pädagogische Qualität festlegt. Die ÖVP steht hier allerdings auf der Bremse. Wir wollen außerdem einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr und einen Rechtsanspruch auf einen Papamonat in der Privatwirtschaft.


Kanzler Kern meinte, bei Ihrem Antritt vor einem halben Jahr, dass Sie mit den Frauenagenden „ein Stück Chefsache“ übernehmen. Hand aufs Herz: Kommt es Ihnen vor, als wäre das Chefsache – sind die Frauenagenden in den letzten Jahren nicht eher stiefmütterlich behandelt worden?
Rendi-Wagner:
Fakt ist, dass in den letzten Jahrzehnten aufgrund der Frauenbewegung vieles in diesem Land an Errungenschaften zu verzeichnen ist. Fakt ist aber auch, dass es noch viel zu erkämpfen gibt. Stichwort: Vereinbarkeit Beruf und Familie, Gewaltschutz, Armutsprävention für Frauen und natürlich die Verkleinerung der Lohnschere zwischen Frauen und Männern. Wir wissen, dass hierzulande immer noch 22 Prozent Gehaltsunterschied für gleiche Arbeit besteht. Da steht Österreich im Vergleich zu anderen Ländern sehr schlecht da. Den Zustand gilt es, zu bekämpfen. Dafür werde ich mich einsetzen.


Braucht es Ihrer Meinung nach ein eigenes Frauenministerium?
Rendi-Wagner:
Die Frage nach einem eigenen Frauenministerium ist vor allem eine strukturelle. Es kommt in erster Linie auf die Themen an und mit welcher Umsetzungskraft man an die Dinge herangeht. Da spüre ich in diesem Land derzeit eine starke Bewegung und werde mich mit voller Kraft dafür einsetzen. Die Bereiche Gesundheit und Frauen bieten viel Möglichkeit für Synergien, die ich auch nutze. Derzeit machen wir zum Beispiel eine Kampagne zur Frauengesundheit.

Sie haben gesagt, dass Sie täglich den Spagat zwischen Beruf und Familie schaffen müssen. Wie kriegen Sie das hin?
Rendi-Wagner:
Es ist eine große organisatorische Aufgabe, die ich täglich gemeinsam mit meinem Mann bewältige. Er unterstützt mich und ich unterstütze ihn. Jede Frau, die eine Familie hat und gleichzeitig arbeiten geht, stellt sich dieselbe Frage. Als Frauenministerin ist es mein Ziel, dass es für Frauen eben kein Spagat mehr sein muss, Kinder und Karriere unter einen Hut zu bringen, weil faire Entlohnung und kostenlose Kinderbetreuung eine Selbstverständlichkeit geworden sind.

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