Speed-Queen im Talk

„Mein harter Weg zu WM-Gold“

Teilen

Die Karriere stand beinahe vor dem Aus, dann holte sie Gold! Ski-Shootingstar Nicole Schmidhofer sprach mit uns über Tiefen und Höhen, ihr Erfolgsgeheimnis & Schattenseiten der Medaille.

Es war einer der emotionalsten und meist bejubelten Siege bei Weltmeisterschaften, als Nicole Schmidhofer (27) in St. Moritz Gold im Super-G holte. Denn es ist kaum einer mehr zu vergönnen. Die Außenseiterin fuhr zehn Jahre (2007 holte sie Gold bei der ­Junioren-WM) dem ersten großen Erfolg nach. 2012 wurde die Speed-Spezialistin nach einer schweren Knieverletzung ob fehlender Ergebnisse sogar aus dem ÖSV-Kader ausgemustert und musste sich zurückkämpfen. Es folgte 2016 eine weitere Knieverletzung – und schließlich die Sensation.
 
Niemals aufgeben! Mit ihrem Kampfgeist und ihrer positiven Lebenseinstellung fuhr sich die kleinste Läuferin des Skizirkus (1,57 cm groß) in die Herzen der Österreicher. In MADONNA erzählt Nici – Spross einer Gastronomen­familie (der Papa ist zudem ÖVP-Bürgermeister in Schönberg-Lachtal) –, was sie antreibt, warum aufzugeben nie eine Option war, was schließlich den Durchbruch gebracht hat u. v. m.

Sie hatten nun schon einige ­Tage Zeit, um Ihren WM-Sieg im Super-G zu verarbeiten. Im Rückblick, was war der emotionalste Moment?
Nicole Schmidhofer: Von der Sekunde an, als ich im Zielraum abschwang und das grüne Licht (Anm.: Zeichen für den Führenden) aufleuchten sah, war alles einfach unglaublich! Da waren so viele schöne Momente: die Flower Ceremony mit der Bundeshymne, die Medaillenübergabe, der Moment, als ich das erste Mal Weltmeisterin genannt wurde …Ich hatte wirklich sehr viel Spaß die letzte Zeit (lacht).
 
Was hat sich durch die Goldene in Ihrem Leben verändert?
Schmidhofer: Noch nicht viel. Bis auf das, dass mich die Menschen jetzt kennen, Autogramme wollen und mich manchmal anstarren.

Gut oder schlecht?
Schmidhofer: Beides. Würde mich allerdings nun keiner kennen, wäre es vermutlich schlimmer. Daher lieber so. Auch wenn es in manchen Situationen etwas störend ist.

Sie waren als Juniorin sehr erfolgreich, holten 2007 Gold im Junioren-Super-G. Der Durchbruch bei den „Großen“ ließ dann zehn Jahre auf sich warten. Warum gerade jetzt?
Schmidhofer: Die letzten Rennen vor der WM waren schon sehr gut. Hinzu kam wohl, dass ich als Außenseiterin angetreten bin und mir keinen Druck gemacht habe. Denn ich habe zuletzt erkannt: Wenn ich unbedingt will und muss, dann funktioniert es nicht. Also habe ich das WM-Rennen als ganz Normales betrachtet.

Sie hatten aber auch eine besondere Startvorbereitung …
Schmidhofer: Ich habe mir minutenlang vor dem Start sehr laut vorgesagt: „Vorfahren (Anm.: zur Startposition) und einen Buckel machen, vorfahren und einen Buckel machen.“ Das habe ich zuvor noch nie gemacht. Die anderen Läuferinnen haben sicher gedacht, ich sei verrückt (lacht).

Sie gelten als abergläubisch, besitzen sogar eine Glücksunterhose …
Schmidhofer: Ja, aber kurz vor dem Rennen bin ich draufgekommen, dass ich sie vergessen hatte. Jetzt habe ich eine neue Glücksunterhose (lacht).
 
Ihre Karriere ist von vielen Tiefschlägen geprägt – von zwei Verletzungen und einem Rauswurf aus dem Kader 2012. Je ans Aufgeben gedacht? 
Schmidhofer: Das war nie ein Thema. Wenn man mir das Skifahren wegnimmt, ist es, als würde man einem Kind das Spielzeug wegnehmen. Erst dann weiß ich, wie cool das ­alles ist – was es mir bedeutet. Das ist dann genug Motiva­tion, dranzubleiben. Das brauchte ich auch ab und zu.

Ihre Karriere stand 2012 kurz vor dem Aus. Wie haben Sie sich damals wieder in den Kader zurückgekämpft?
Schmidhofer: Das war schon ein großer Schock. Ich war dann ganz auf mich selbst gestellt. Was jedoch auch gut und lehrreich war. Davor war alles für mich selbstverständlich – das Skifahren, das Training, das Umfeld … Über den Sommer habe ich auf eigene Faust trainiert. Im Herbst bekam ich noch einmal die Möglichkeit, mit der Mannschaft zu den Überseerennen nach Amerika zu fahren. Da habe ich mich mit guten Leistungen zurückgekämpft.
 
Wem wollten respektive wollen Sie was beweisen?
Schmidhofer: Ich muss keinem mehr etwas beweisen. Das habe ich mir erstmals im Jänner bewusst gemacht. Mit Anfang 20 fährt man noch oft für die anderen – man will den Betreuern und dem Umfeld, die so viel leisten, etwas zurückgeben. Aber man muss für sich selbst fahren.

Für Sie gefreut haben sich so gut wie alle in Ihrem Umfeld, so schien es – auch die Kolleginnen. Nicht selbstverständlich in so einem Sport. Gibt es Rivalitäten?
Schmidhofer: Sicher gibt es Rivalität. Man mag wen mehr, man mag wen weniger. Das ist so im Leben. Aber bei uns im Team ist es so, dass jede weiß, dass jede von uns schnell sein kann. Das muss man akzeptieren. Und es ist schön, wenn man sich mit den anderen mitfreuen kann. Das gibt gute Energie. Alles andere kostet Kraft.
 
Wem haben Sie nach dem Sieg besonders großen Dank ausgesprochen?
Schmidhofer: Meinen Eltern. Sie haben in den letzten vier, fünf Jahren viel mit mir mitgemacht. Sie haben mich finanziell sowie mental unterstützt, waren immer für mich da.
 
Weg von der Weltmeisterin zur privaten Nici. Nennen Sie uns bitte drei Dinge, die man über Sie wissen sollte.
Schmidhofer: Ich bin goschert. Ich bin sehr gerne daheim und mache Musik (Anm.: Schlagzeug). Und ich bin tief in meinem Inneren ein sehr sensibler Mensch, auch wenn man es nach außen nicht sieht.

Mit der WM-Medaille hat sich ein großer Traum erfüllt. Gibt es bereits nächste Ziele?
Schmidhofer: Ich bin kein Mensch, der weit vorausdenkt – ich lebe im Hier und Jetzt. Ich habe im Laufe meiner Karriere erst lernen müssen, so zu denken. Denn man weiß nie, was in zwei Monaten sein wird. Was natürlich jetzt cool wäre: einige Weltcup-Podestplätze.
 
Geboren am 15. 3. 1989 in Friesach/Kärnten. Aufgewachsen im steirischen Lachtal neben dem Kaffee „Hannes“, das ihre Eltern (s. o.) betreiben, und zwar direkt an der Piste. „Ich bin“, sagt Nici, „schon immer gerne Ski gefahren, etwas später erst – mit neun Jahren – habe ich an Rennen teilgenommen. Der Rest hat sich nach und nach entwickelt.“
 
Hobbys: Schlagzeug, Football, Klettern, Lesen, Berggehen.
 
Familienstand: ledig – mehr will sie nicht verraten.
 
Bisherige Erfolge: WM: Super-G-1. 2017, Abfahrts-4. 2015. Weltcup: 2. Super-G 2013, 3. Abfahrt 2014.
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.
OE24 Logo