Ursula Strauss im MADONNA-Talk

"Männer würden das nicht überleben"

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Im Talk mit MADONNA spricht das selbst ernannte „Mädel vom Land“ über Feminismus, Laster und was Paris Hilton mit Anna Sacher verbindet.

Das Hotel Sacher ist eine legendäre Institution, dessen Bekanntheit weit über die Grenzen Österreichs hinausgeht. Maßgeblich daran beteiligt, es zu einer der besten Adressen der Stadt zu machen, war Anna Sacher, die nach dem Tod ihres Mannes Eduard 1892 den Betrieb übernahm. In einer Zeit, in der Feminismus noch keine salonfähige Bewegung war, höchst unüblich, für Anna Sacher hingegen nur folgerichtig. Am 27. und 28. Dezember erzählt der ORF die Geschichte dieser faszinierenden Frau, die es gegen alle Prognosen schaffte, ihren ganz eigenen Weg zu gehen. Verkörpert wird sie dabei von der überaus beliebten Ursula Strauss, an deren unzähligen Filmen man in diesem Jahr kaum vorbeizappen konnte.


Bekenntnisse und Erkenntnisse.
Im MADONNA-Talk verrät die 42-Jährige, was ein Alltag im Korsett bedeutet, warum Blumen nicht das perfekte Geschenk für sie sind und inwiefern sie in ihren 40ern zur Frau geworden ist.

Spannende Rolle, die Sie da annehmen durften.
Ursula Strauss:
Anna Sacher war eine unglaublich starke Frau, die sich mit Kraft und Selbstverständlichkeit ihren Platz genommen hat, der ihr ihrer Meinung nach zugestanden ist.

Hat die Geschichte von Anna Sacher also auch einen feministischen Aspekt?
Strauss:
Ja! Sicherlich nicht als bewussten Vorgang, in dem es ihr darum ging, die Rechte der Frauen zu verbessern. Es ging ihr aber darum, ihr eigenes Recht einzufordern. Und damit hat sie natürlich ein Zeichen gesetzt.

Welches Gefühl vermittelte Ihnen die Kleidung des 19. Jahrhunderts?
Strauss:
Ich bin ein großer Fan von Kostümfilmen. Daher war es auch von diesem Aspekt aus eine Freude, Anna Sacher zu spielen. Und so aufrecht wie bei diesem Dreh, bin ich in meinem Leben noch nicht gesessen. Die Haltung macht sofort etwas aus einem – in diesem Fall definierte es eine Herrin. Jedenfalls merkt man, dass Frauen nichts anderes waren als Anziehpuppen. Und man konnte sich als Frau in besseren Kreisen gar nicht alleine an- oder ausziehen. Frauen waren eingeschnürt, es wurde ihnen fast der Atem geraubt. Sich in dieser Zeit, so in Mieder geschnürt, durchzusetzen, wie Anna Sacher das gemacht hat, ist aus heutiger Sicht eine große Leistung.

Über die Alltagstauglichkeit könnte man also debattieren?
Strauss: Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich war, dieses Teil am Abend wieder auszuziehen. Ich glaube, Männer würden das gar nicht überleben. Es sieht zwar wunderschön aus, war aber eine Mordsquälerei.

Anna Sacher gilt als Trendsetterin des 19. Jahrhunderts. Was hat sie denn „cool“ gemacht?
Strauss
: Sie liebte z. B. Bulldoggen. Anna Sacher war quasi die Paris Hilton ihrer Zeit – aber nur, was die Taschenhunde angeht (lachend).

Außerdem hat sie Zigarre geraucht. Rauchen an sich gilt ja als Laster. Haben Sie welche?
Strauss:
Ich glaube, jeder Mensch, der keine Laster hat, ist irgendwie langweilig. Die Frage ist auch, wie man Laster definiert. Ist es ein Laster, wenn man gerne Schokolade isst? Das geht mir irrsinnig auf die Nerven. Alles ist ja verboten. Und irgendwie habe ich die Tendenz, wenn alles verboten wird, die Dinge noch lieber zu machen. Ich trinke gerne Alkohol. Das darf man als Frau ja gar nicht sagen. Es ist ja auch lustig, dass man bei den Abschlussgeschenken immer Blumen bekommt, während die Männer Wein erhalten. Ich bin aus der Wachau, ich liebe guten Wein. Und ich liebe es, ein Glas Champagner zu trinken, was nicht heißt, dass ich Alkoholikerin bin. Mein Laster ist also vielleicht, dass ich ein Genussmensch bin.

Sie legen sehr viel wert auf Privatsphäre, Ihren Ehemann kennt man nicht. Ist es nicht, schade, dass er Sie nicht zu den Galas, zu denen Sie eingeladen sind, begleiten kann?
Strauss:
Nein. Wir verbringen viele gemeinsame nette Abende. Und es ist ja nicht so, dass mich mein Mann nicht auch mal begleitet. Wir machen es nur nicht zum Thema. Und wenn er dann da ist, ist er da, ohne vor einer Kamera zu stehen. Weil er das nicht möchte. Und das respektiere ich. Diese Galas sind ja auch nicht jedermanns Sache. Es macht natürlich auch Spaß, sich ein schönes Kleid anzuziehen und wunderbaren Schmuck auszuborgen, nur es ist Arbeit, Teil meines Berufs, nicht mein Privatvergnügen. Ich muss hingehen, lächeln, gut ausschauen, so gut es an diesem Tag eben geht, small talken. Man will das ja auch nicht immer. Ich zum Beispiel bin ein schüchterner Mensch. An die Galas hab ich mich als Mädel vom Land auch erst gewöhnen müssen.  

Sie sind 42 Jahre alt. Inwiefern hat sich diese Dekade zu etwas entwickelt, das die 30er nicht mehr waren?
Strauss:
Zu einer größeren Sicherheit. Und tatsächlich beginnen Oberflächlichkeiten weniger wichtig zu werden. Ich hab das Gefühl, jetzt wirklich eine Frau zu sein. Ich war lange Mädchen. Spätestens mit dem Tod meines Vaters, wo man nicht mehr so ein Halbkind sein darf, hat meine Entwicklung zur Frau begonnen. Und ich bin sehr gerne Frau. Es ist ein gutes und starkes Gefühl. Auch was das älter werden angeht – man ertappt sich immer wieder bei gedanklichen Oberflächlichkeiten. Aber im Gegenteil – man darf ruhig sehen, dass man älter wird! Und im Übrigen hab ich das Gefühl, dass auch Männer das sehr schätzen. Weil Männer einen anderen Blick auf Frauen haben als Frauen auf Frauen. Ich habe oft das Gefühl, dass Männer schneller in die Tiefe schauen, weil sie viel weniger blockiert sind. Sie spüren alles anders. Und das ist eine Erkenntnis, die ich eigentlich erst gewonnen habe, seit ich zur Frau geworden bin.

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