Die pinke Zukunft

Beate Meinl-Reisinger im MADONNA-Talk

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Eine nüchterne Sprache und vor allem viel Frauenpower will Beate Meinl- Reisinger an die Polit-Spitze mitbringen. Sie soll Matthias Strolz als Neos-Chefin nachfolgen und so zur einzigen Parteiobfrau werden. 

Der Abgang von Matthias Strolz  (44) Anfang Mai hat viele, vor allem auch in seiner eigenen Partei, am falschen Fuß erwischt. Nicht so Beate Meinl-Reisinger (40): Seine Wegbegleiterin und Stellvertreterin erfuhr schon eine Woche vor dem überraschenden Rücktritt – bei einem gemeinsamen Spaziergang im Lainzer Tiergarten – was der Neos-Gründer vorhat. Für die Mutter zweier Töchter (6 und 9 Jahre alt) war relativ rasch klar, wie es weitergeht, erzählt sie im persönlichen MADONNA-Talk: Meinl-Reisinger möchte im Juni zur neuen pinken Parteichefin gewählt werden. Auch deshalb – verrät die Frau, die ursprünglich eigentlich gerne im Hintergrund geblieben wäre –, weil es endlich mehr Frauen an der Spitze braucht. 

Wie haben Sie von Matthias Strolz’ Rücktritt erfahren und wie ging es Ihnen damit?
Beate Meinl-Reisinger: Er hat mich in der Woche davor informiert. Es war bei einem der längeren Spaziergänge, die wir etwa zwei Mal im Jahr miteinander machen, um zu besprechen, was ansteht – da hat er es mir gesagt. Dass dieser Schritt irgendwann einmal kommt, habe ich gespürt, und das war einem auch klar, wenn man ihm genau zugehört hat. Dass das so bald kommt, hat mich aber überrascht.  
 
Mussten Sie lange überlegen, ob Sie als seine Nachfolgerin kandidieren wollen? 
Meinl-Reisinger: Matthias hat die Partei gegründet und ich war von Anfang an bei ihm – die Alternative hätte auch sein können, dass ich mit ihm gemeinsam gehe. Für mich war aber klar, wenn ich nicht mit ihm gemeinsam gehe, dann möchte ich die Partei gerne übernehmen. Natürlich habe ich das vorher mit meiner Familie besprochen.  
 
Also auch aus der Politik auszuscheiden?
Meinl-Reisinger: Das wäre die Alternative gewesen, aber dafür ist es noch zu früh. Ich habe noch viel zu viel Lust auf Politik. 
 
Mit dem Gedanken aufzuhören, haben Sie noch nie gespielt?
Meinl-Reisinger: Nein. Aber ganz offen gesprochen, natürlich gibt es einen Teil in mir und, ich glaube, in jedem Politiker, der sagt: „Puh, was ist eigentlich mit meinem Privatleben, mit meiner Lebensqualität?“ Aber ich liebe Politik und möchte einen Beitrag leisten. Ich habe große Lust, das jetzt zu machen, und freu mich sehr drauf.
 
Strolz hat ja von Anfang an angekündigt, dass er den Chefposten nach zwei Legislaturperioden räumt. Hatten Sie da schon im Hinterkopf, einmal übernehmen zu wollen?
Meinl-Reisinger: Nein, überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil, ich wollte eigentlich immer im Hintergrund bleiben und habe mich eher als Parteimanagerin oder Strategin gesehen. Dass ich dann doch kandidiert habe, lag daran, dass damals wenige Frauen aufgestanden sind. Die meisten haben gesagt: „Ich arbeite gerne mit, aber in die erste Reihe stellen möchte ich mich nicht.“ Ich bin durchaus Feministin, die der Meinung ist, Frauen gehören weiter nach vorne. Also hab’ ich es einfach gemacht. Außerdem hat mich interessiert, ob ich es kann. Das gebe ich zu. Ich habe mich irgendwie auf Entdeckungsreise begeben. 

Und wie lautet das Fazit?
Meinl-Reisinger: Ich kann es.
 
Gibt es Ihrer Ansicht nach zu wenig Frauen in der heimischen Politik?
Meinl-Reisinger: Definitiv, sieht man ja. Sollte ich gewählt werden, wäre ich die einzige Klubchefin im Parlament. Das war jetzt auch einige Zeit in Wien. Das entspricht ganz offensichtlich nicht der Verteilung der Bevölkerung. Jetzt muss man sich fragen, warum das so ist. Wir Neos haben intern sehr viel gemacht zu dem Thema und immer wieder als Grund gehört, dass die Politik ein Job ist, wo man sehr viel in der Freizeit, am Abend und am Wochenende im Einsatz ist. Zweites Thema ist, dass viele Frauen sagen, es ist ein hartes, brutales Arbeitsumfeld – das tue ich mir gar nicht an.  
 
Wie kann man Frauen in die Politik bringen?
Meinl-Reisinger: Es gibt diese ewige Diskussion um die Quote. Die wollen wir Neos nicht, weil sich das mit dem liberalen Gedanken spießt. Aber wenn wir keine Quote haben, müssen wir beweisen, dass es ohne geht. Da ist der Schlüssel, das aktive Ansprechen und das Ermuntern, die Unterstützung bei einer Kandidatur. Jeder, der eine Führungsaufgabe hat, muss sich die gleichmäßige Verteilung zur Aufgabe machen. Man darf nicht lockerlassen. 

Viele Frauen würden aus familiären Gründen vor dem zusätzlichen Arbeitsaufwand in der Politik zurückschrecken, meinten Sie? Was sagt Ihre Familie denn zum neuen Job?
Meinl-Reisinger: Mein Mann unterstützt mich seit der Gründung von Neos und er sieht, dass das jetzt einfach der nächste Schritt ist. Er arbeitet jetzt schon Teilzeit, da ist er sehr großartig und großzügig. Und was die Kinder betrifft, die Kleine hat es nie anders erlebt. Sie war sechs Monate alt, als ich bei Neos eingestiegen bin. Natürlich fordert sie Zeit ein und da bin ich auch streng, das halte ich ein. Bei mir sind Termine blockiert für die Kinder. Die Ältere ist jetzt neun Jahre alt und inzwischen damit konfrontiert, dass sie Politik miterlebt. Früher war das spielerischer, da ist halt die Mama auf einem Plakat. Aber so richtig begreifen, worum es geht und dass man in der Öffentlichkeit steht, das kommt erst jetzt. Sie ist da sehr interessiert und das wird noch einmal eine neue Herausforderung sein. Wir müssen gut und behutsam mit ihr umgehen und darüber auch reden. Ich habe ihr gesagt, sie muss sich immer vor Augen halten, dass die Politikerin Beate Meinl-Reisinger immer eine andere ist als ihre Mama.  
 
Von der neuen Regierung hört man frauen- und familienpolitisch sehr wenig. Was kann man tun, um etwa Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern?
Meinl-Reisinger: Enorm viel. Ich bin davon überzeugt, dass es die Entscheidung jedes Elternteils ist, wie man das handhabt. Aber es muss ein frauenpolitisches Ziel sein, durch Anreize darauf hinzuwirken, dass Männer ebenso ihren Anteil übernehmen. Das kann die Politik.

Wie sieht generell Ihre Bilanz nach 150 Tagen Türkis-Blau in der Regierung aus?
Meinl-Reisinger: Ziemliche Ernüchterung. Die großen Reformen sind bis dato nur Ankündigungen geblieben. 
 
Eine Kampfansage in Richtung Regierung hat es von Ihnen ja bereits gegeben. Werden von Ihnen härtere Töne kommen als von Strolz? Was werden Sie anders machen als er?
Meinl-Reisinger: Ich bin schon allein von meiner ganzen Persönlichkeit nicht er. Der Matthias ist gut darin, mächtige Bilder zu erzeugen, das habe ich immer sehr bewundert. Ich versuche immer sehr, Herz und Verstand zu kombinieren. Es könnte also sein, dass ich etwas nüchterner wirke in meiner Sprache. 
 
Zur Person
Karriere. Beate Meinl-Reisinger wurde 1978 in Wien geboren. Ihre politische Karriere startete sie nach ihrem Jus-Studium als Assistentin des EU-Abgeordneten Othmar Karas (ÖVP). Später wurde sie ­Vize-Geschäftsführerin bei „Frau in der Wirtschaft“ und saß im Kabinett von ÖVP-Staatssekretärin Christine Marek. 2012 war sie bei der Gründung der Neos mit an Bord und wurde Wien-Chefin. 
Privat. Meinl-Reisinger ist verheiratet und hat zwei Töchter (6 und 9 Jahre alt). 
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