Jahrestag

Natascha Kampusch wurde vor 10 Jahren entführt

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Vor wenigen Tagen jährte sich die Entführung von Natascha Kampusch zum zehnten Mal. Eine Kommission ermittelt jetzt über schwere Vertuschungsfehler der Polizei und eine Zeugin packt in MADONNA aus.

Am 2. März 1998 kidnappte Wolfgang Priklopil das damals zehn Jahre alte Mädchen auf dem Weg zu ihrer Volksschule in Wien-Donaustadt. Mehr als acht Jahre wurde die heute 20-Jährige gefangen gehalten, bevor ihr im August 2006 in einem unbeobachteten Moment die Flucht gelang. Ihr Entführer nahm sich unmittelbar danach das Leben.

Jahrelang eingesperrt
Priklopil zerrte das Mädchen vor zehn Jahren von der Straße in seinen weißen Kastenwagen und flüchtete mit seinem Opfer nach Strasshof in Niederösterreich. Dort sperrte er Natascha Kampusch jahrelang in ein verstecktes Kellerverlies.

Ermittlungen auf dem Prüfstand
Die Ermittlungen rund um den spektakulären Entführungsfall stehen seit Wochen auf dem Prüfstand. Der Grund sind Anschuldigungen des Ex-Bundeskriminalamts-Chef Herwig Haidinger, der von nicht beachteten Hinweisen auf den Entführer berichtete. Die Staatsanwaltschaft und eine Sonderkommission des Innenministeriums untersuchen diese Vorwürfe jetzt. Indes haben die Eltern von Natascha einen Rechtsstreit um ein Buch beigelegt: Vater Ludwig Koch bekommt 7.500 Euro Schadenersatz.

Zeugin packt aus
Gabriele S. (Name von der Redaktion geändert) erzählte MADONNA, ihr damaliger Man, ein im Fall Kampusch ermittelnder Gendarmeriebeamter, habe 1998 über Wolfgang Priklopil als Verdächtigen und „die Weisung, nicht weiter zu ermitteln“ berichtet, erzählt Gabriele S. im erstaunlichen Talk.
Lesen sie das erstaunliche Interview auf der nächsten Seite!

 

Frau S., Sie haben sich an MADONNA gewandt, weil Sie meinen, im Ermittlungsskandal um den Fall Kampusch etwas beitragen zu können?

Gabriele S.: Ich weiß nicht, ob ich tatsächlich etwas beitragen kann. Aber als ich letzte Woche das Interview von Frau Sirnys Nachbarin, Anneliese Glaser, gelesen habe, wurde mir klar, dass jeder die Pflicht hat, zu sprechen, wenn er etwas über die Hintergründe dieses mysteriösen Falls weiß. Da mein Ex-Mann als – damals noch – Gendarmeriebeamter im Bezirk Gänserndorf im Fall Kampusch ermittelte, habe ich gewisse Informationen, die die Öffentlichkeit vermutlich nie erfahren hätte sollen.

Welche Informationen sind das?

Gabriele S.: Details, die bereits zum Teil durch den von Herrn Haidinger losgetretenen Ermittlungsskandal öffentlich wurden. Ich kenne sie eben von der anderen Seite. Mein Mann hätte mir das damals natürlich alles gar nicht erzählen dürfen, aber es ist doch klar, dass man mit dem Ehepartner über Dinge spricht, die einen im Beruf beschäftigen. Es war so: Als Natascha Kampusch im März 1998 als vermisst gemeldet wurde und kurz darauf der Hinweis auf ­einen weißen Kastenwagen kam, wurde unter anderen mein Ex-Mann zu den Ermittlungen hinzugezogen. Ich weiß noch, als wäre es gestern gewesen, wie mein Mann mir erzählte, dass sie einen Hauptverdächtigen hätten.

Nannte er Ihnen einen Namen?

Gabriele S.: Ja, wobei ich den wohl vor dem Wiederauftauchen von Natascha nicht mehr gewusst hätte. Als ich dann aber den Namen des Entführers Wolfgang Priklopil hörte, wusste ich, dass er es war. „Der hat sich bei seiner Aussage in Widersprüche verstrickt“, erzählte mir mein damaliger Mann 1998. Und Alibi hätte er auch keines gehabt. Hinzu kam, dass dann auch noch ein weiterer Hinweis bei der Polizei einging, demnach Brigitte Sirny Wolfgang Priklopil sehr, sehr gut gekannt haben soll.

Aber warum ging man diesen Hinweisen nicht weiter nach?

Gabriele S.: Eines Tages – schon im Frühsommer – kam mein Mann nach Hause und erzählte mir, dass er und seine Kollegen von heute auf morgen die Order „von oben“ bekommen haben, die Ermittlungen gegen den Verdächtigen einzustellen. Ab nun werde nur noch nach der Leiche gesucht, woraufhin er dreimal zu Suchaktionen in den Wald musste.

Können Sie sagen, wer diese Order gab?

Gabriele S.: Wie im Normalfall üblich bekam der damalige Postenkommandant die Weisung und der gab sie weiter an die Gendarmeriebeamten. Ich denke, das alles kam vor allem durch die internen, sehr wohl bekannten Machtkämpfe zwischen der Wiener Polizei und der damaligen Gendarmerie zustande.

Hat Ihr Ex-Mann nicht überlegt, diese Fakten irgendwann öffentlich zu machen?

Gabriele S.: Ihn hat das damals natürlich sehr belastet, dass er die ganze Zeit über – wie viele – wusste, dass einem dringenden Verdacht nicht ordentlich nachgegangen worden war. Aber er wusste auch: Wenn er etwas sagt, ist er seinen Job los. Es ist eben leider so, dass man in gewissen Berufen einen Maulkorb umgebunden bekommt. Das wird immer so sein.

Sind Sie froh darüber, dass die Evaluierungskommission nun Klarheit über mögliche Fehler, die gemacht wurden, bringt?

Gabriele S.: Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass jemals die ganze Wahrheit über die Hintergründe ans Licht kommen wird. Schlussendlich wird man sich auf die verstorbene Innenministerin Liese Prokop ausreden – und wieder einmal viel Geld der Steuerzahler ausgeben. Völlig umsonst.

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