Flugrettung - Fekter plant Ausschreibungsverfahren

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In die seit Monaten andauernden Diskussionen um das heimische Flugrettungswesen kommt Bewegung. Innenministerin Maria Fekter (V) will die Grundversorgung - acht Hubschrauberstandorte plus Fluggeräte - neu ausschreiben.

Nach der Vertragskündigung durch den jetzigen Betreiber ÖAMTC per 31. 12. 2010 seien mehrere Verhandlungsrunden mit den Bundesländern über eine gemeinsame österreichweite Regelung gescheitert, begründete Fekter bei einem Pressetermin in Wien diesen Schritt. Spätestens Ende Juni soll die Suche nach Interessenten starten, auch internationale Bewerber müssen berücksichtigt werden.

Da bisher keine Einigung bezüglich einer neuen Regelung gefunden wurden, dürfte ab 2011 jedes Bundesland sein eigenes Süppchen kochen und eine eigene Flugrettung auf die Beine stellen. Gemäß einer 15a-Vereinbarung ist der Bund derzeit für die Grundversorgung, sprich die Finanzierung der Standorte zuständig - diese Aufgabe wurde bis Ende 2010 an den ÖAMTC übertragen. Ausnahmen stellen hier Niederösterreich und das Burgenland da, die seit jeher eigene Systeme haben und nicht bei der 15a-Vereinbarung dabei sind.

Mit dem Ausscheiden des ÖAMTC wegen Kosten-Schwierigkeiten ergab sich eine völlig neue Situation. Laut Fekter dürfte bis auf Wien zukünftig kein Bundesland eine Lösung mit bzw. durch den Bund wünschen. Nach einer Aufforderung habe einzig Wiens Bürgermeister Michael Häupl (S) eine solche Bitte formuliert. "Alle anderen Länder haben sich diesbezüglich nicht geäußert", betonte Fekter.

Da das Rettungswesen grundsätzlich Sache der Bundesländer ist, liegt der Ball nun bei den Landesregierungen. Der Bund werde die Verantwortung natürlich weiterhin übernehmen und sich - wo gewünscht - um die Grundversorgung kümmern, meinte Fekter. Ansonsten werde man den Bundesländern punkto weiterer Schritte wie Ausschreibungen beratend zur Seite stehen.

Mit sich bringt die sich abzeichnende Entwicklung in jedem Fall eine Zerstückelung des derzeit grenzübergreifenden Flugrettungssystems - mit je nach Bundesland unterschiedlichen Regelungen und verschiedenen Anbietern. An eine rechtzeitige Einigung der Bundesländer vor Jahresende glaubt Fekter nicht mehr: "Ich erkenne keine Rückkehr zur Monopolisierung der Flugrettung."

Die rettungsdienstliche Grundversorgung wird laut Fekter trotz der gravierenden Änderung durch die Bundesländer gewährleistet sein: "Nachdem sie es am Boden können, werden sie es auch in der Luft können." Dass es nach dem Ausstieg des ÖAMTC aufgrund von Defiziten an Interessenten für Flugstandorte mangeln könnte, glaubt die Ministerin nicht, sie verlässt sich auf den "Wettbewerbsdruck": "Es gibt eine Menge Unternehmen privater Natur, die im Flugrettungswesen tätig sind. Insbesondere dort, wo das Ganze auch ein Geschäft ist - in den Skigebieten."

Sozialversicherung schlägt bundesweites Modell vor

Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger ist mit einer Aufsplittung der Flugrettung nicht zufrieden: "Es ist auf der Gesamtversorgungs-Seite nicht so sicher wie die Lösung, die wir bisher hatten, und es wird teurer werden", erklärte Präsident Hans-Jörg Schelling bei dem Pressetermin im Innenministerium. Im Zuge der nun gescheiterten Verhandlungen habe der Hauptverband ein zukunftsfähiges Lösungssystem mit 16 österreichweiten Standorten vorgeschlagen.

Laut einer Bedarfsanalyse würden diese ausreichen, um binnen 15 Minuten jeden notwendigen Einsatzort mit einer Sicherheit von 99,2 Prozent zu erreichen. Dabei werde von einem Flugradius von 53 Kilometern ausgegangen. "Wir gehen davon aus, dass das geschlossene System die beste Lösung wäre", betonte Schelling. "Wir hätten viel mehr bundesländerübergreifend fliegen können." Derzeit gebe es in Österreich mit 39 privaten und vom Bund versorgten Standorten ein Überangebot, das 39 Millionen Euro pro Jahr koste, erklärte Schelling. Das vom Hauptverband vorgeschlagene Modell würde schon mit 27 bis 28 Millionen Euro finanzierbar sein.

"Wir hätten gerne eine neue 15a-Vereinbarung, aber mit allen neun Bundesländern", betonte Schelling. Bei einer Einigung würde man sich bereiterklären, trotz Rechnungshofkritik weiterhin die bisherige Summe von neun Millionen Euro jährlich einzubringen. Die Sozialversicherung bezahlt derzeit für Hubschraubereinsätze bei Verkehrsunfällen eine Pauschale von 1.821,9 Euro, sonstige Notfalleinsätze werden mit 948,27 Euro abgegolten.

Laut Schelling wird eine individuelle Lösung pro Bundesland vor allem für private Versicherungsträger teurer, gleichzeitig wird die Abrechnung über die Sozialversicherung komplizierter. Diese ist dann nämlich Ländersache und läuft über die einzelnen Gebietskrankenkassen. Schon jetzt gibt es immer wieder Streitfälle bezüglich der Bezahlung von Helikoptereinsätzen. Diese erfolgt im Moment dann durch die Sozialversicherung, wenn Verletzungen der NACA-Schweregrade 4 bis 6 vorliegen - sprich sobald eine Lebensbedrohung nicht ausgeschlossen werden kann.

Für Schwierigkeiten sorgen vor allem Fehleinschätzungen bei der Alarmierung der Flugrettung, durch die sich Verletzungen später als zu leicht herausstellen. Bei einer österreichweiten Neuregelung würde der Hauptverband auf eine verpflichtende Leitstellen-Anforderung bestehen, betonte Schelling. Alles, was von dort als NACA 4 bis 6 eingestuft werde, würde man bezahlen - damit falle die Einzelfallprüfung weitgehend weg. Auch der Hauptverband glaubt wie Fekter nicht mehr an eine rechtzeitige österreichweite Lösung: Diese sei an den Spezialproblemen des Tourismus sowie am föderalistischen System gescheitert.

ÖAMTC will bei Ausschreibungen für Standorte mitmachen

Kommt es zu einer Ausschreibung der offiziellen Flugrettungs-Standorte, will sich der ÖAMTC zumindest um einzelne Stellen bewerben. Das kündigte Reinhard Kraxner, Geschäftsführer der ÖAMTC-Flugrettung, am Freitag im Gespräch mit der APA an. Welche Orte es konkret sein könnten, stehe derzeit noch nicht fest. Dazu müsse man die weitere Entwicklung abwarten. Eine Rolle würden dabei auch Synergien spielen, die bei einem nicht Bundesländer übergreifenden System verloren gingen: Mehrere Standorte könnten sich dann keine Reservemaschinen mehr teilen.

Gekündigt habe man den Vertrag per Ende 2010 aufgrund von langjährigen Erlösschwierigkeiten: Das Finanzierungssystem sei nie von der Basis auf gelöst worden. "Es ist ein Problem des Föderalismus und ein Problem, dass niemand eine Gesamtverantwortung hat", kritisierte Kraxner. So seien im Bezug auf die Flugrettung sowohl der Bund, die Länder als auch die Krankenkassen zuständig. Zu den finanziellen Schwierigkeiten beim ÖAMTC sei es nach Veränderungen der Anforderungen gekommen, die nicht in den Abgeltungen vorgesehen seien: Laut Kraxner wurden kostspieligere, technisch aufwendigere Maschinen notwendig und der Treibstoff teurer. 2006 habe man erstmals fünf Millionen Euro Verlust verzeichnet, 2008 lag der Entgeltabgang bei 3,7 Millionen Euro, 2009 dürfte dieser etwas geringer ausgefallen sein.

"Die bevorzugte Lösung des ÖAMTC wäre eine bundesweite Lösung - nicht mit uns von Haus aus", so Kraxner zur aktuellen Situation. "Wir haben ein Land, das ist nicht mehr als 1.000 km lang. Das wäre ein klassisches Thema, wo es wirklich eine Bundesregelung geben sollte." Diese noch rechtzeitig zu finden, beurteilte er als "sehr schwierig". An eine konstruktive Lösung binnen der nächsten acht Monate glaubt der Flugrettungs-Leiter aber fest. "Wir habe ein Super-System, das nicht teuer ist, wenn man es mit der Situation im Ausland vergleicht." Gegenüber Deutschland sei man um 15 Prozent billiger.

Grundsätzlich rentieren sich bei der Flugrettung Freizeitunfälle - beispielsweise im alpinen Bereich - mehr, da diese von privaten Versicherungen übernommen werden. Die Sozialversicherung bezahlt eine niedrigere Pauschale und deckt unter anderem Bergungskosten bei Verkehrsunfällen ab. Standorte in Skigebieten stünden daher budgetär besser da, als jene im Osten, die vor allem über die Sozialversicherung finanziert würden, erklärte Kraxner. Laut ÖAMTC wurden die Umsätze 2008 beispielsweise am Standort Nenzing in Vorarlberg zu 74 Prozent durch Privatversicherungen abgedeckt. In Wien waren es hingegen 93 Prozent Sozialversicherungserträge.

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