HPV-Impfung beugt Gebärmutterhalskrebs vor

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In Österreich erkranken jährlich mehr als 600 Frauen an Gebärmutterhalskrebs, rund 300 sterben daran. In den meisten westeuropäischen Ländern und Australien, Kanada sowie den USA steht die HPV-Impfung zur Verhinderung des Malignoms und seiner Vorstufen im Rahmen eines öffentlich finanzierten Impfprogramms zur Verfügung.

Schulbasierte Impfprogramme zeigen dabei eine Durchimpfungsrate von bis zu 90 Prozent. Hierzulande tut sich diesbezüglich "nichts": In Österreich seien nur etwa 4,9 Prozent geimpft, kritisierte Sepp Leodolter von der Gesellschaft der Ärzte bei einer Pressekonferenz am Montag in Wien. Medizin-Nobelpreisträger Harald zur Hausen rief zum Handeln auf.

In Österreich wurde die HPV-Impfung erstmals 2006 im Impfplan empfohlen - seither sei die Zeit im Bezug auf HPV-Prävention stehen geblieben, erklärte Leodolter. Hier werde die Impfung derzeit weder finanziell noch durch Aufklärung gefördert. Ausnahmen bei der österreichischen Durchimpfungsrate von rund 4,9 Prozent durch spezielle Impfaktionen sind Niederösterreich mit neun Prozent und das Burgenland mit sieben Prozent; in den restlichen Bundesländern beträgt sie zwei bis drei Prozent.

"In der Generation der jungen Mädchen von heute müsste keine Frau mehr an Gebärmutterhalskrebs sterben", sagte der Medizin-Nobelpreisträger Harald zur Hausen. In den 70er Jahren behauptete zur Hausen, dass Viren Krebs auslösen können und wurde dafür milde belächelt - 2008 erhielt er dafür den Nobelpreis. "Man kann klar sagen, dass die HPV-Impfung Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs verhindert", so der Experte, der mit der Impfrate nicht zufrieden ist. In Deutschland ist ein knappes Drittel der Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren geimpft; die Krankenkassen übernehmen hier wie in den meisten westlichen Ländern im Gegensatz zu Österreich die Kosten.

Gebärmutterhalskrebs sei bei einer flächendeckenden Impfung "theoretisch ausrottbar": Bei einer globalen Anwendung der beiden Impfstoffe gegen Hepatitis B und Cervix-Karzinome auslösende, humane Papillomviren würde das Krebsauftreten bei Frauen um zwölf bis 14 Prozent reduziert und bei Männern um vier bis fünf Prozent, erklärte der Nobelpreisträger. "Meiner Meinung nach kann Österreich die Mortalität und Morbidität an diesen Karzinomen und die Kosten von jährlich etwa 14.000 Konisationen (Entfernung verdächtigen Gewebes vom Muttermund, Anm.) plus den Nebenwirkungen und erforderlichen Nachuntersuchungen in den kommenden zehn Jahren nicht hinnehmen", meinte Zur Hausen. Zur Sicherheit der Impfung erklärte der Experte, bei den bisher rund 55 Millionen verabreichten Impfstoffdosen seien keine schweren Nebenwirkungen aufgetreten.

Der bei gynäkologischen Vorsorgeuntersuchungen genommene PAP-Abstrich könne auch kein Ersatz von HPV-Impfungen sein, "weil er nur die Vorstufen erkennt, die dann operativ entfernt werden müssen", sagte der Nobelpreisträger. In Österreich werden laut Leodolter rund 6.000 Frauen jährlich zur Entfernung einer Krebsvorstufe am Gebärmutterhals operiert. Hierzulande sei die Vorsorgeuntersuchung "opportunistisch", also freiwillig - und nur ein Drittel der Frauen nehme sie regelmäßig wahr, erklärte der Mediziner. Auch bei einem "organisierten Screening", das mittels Brief zur Untersuchung aufruft, könnten die 6.000 Fälle durch den PAP-Abstrich nicht verhindert, sondern nur rechtzeitig erkannt werden.

Anfang 2008 hat das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) als Einrichtung der Europäischen Union Leitlinien für die Einführung von HPV-Impfstoffen in Europa herausgegeben. Mittlerweile haben die meisten westeuropäischen Länder, Australien, Kanada und die USA kostenlose Impfprogramme etabliert. Schulbasierte Programme hätten dabei die besten Ergebnisse gezeigt, berichtete Paolo Bonanni vom ECDC bei einer Pressekonferenz am Montag in Wien.

"Programme in Schulen stellen sicher, dass auch sozial benachteiligte Mädchen durch Impfung und Aufklärung erreicht werden", so Bonanni. Durch schulbasierte Impfprogramme seien in England und Schottland mehr als 90 Prozent der zwölf- bis 13-jährigen Mädchen geimpft. Auch in Australien und Kanada seien Schulimpfprogramme erfolgreich: Australien habe eine Durchimpfungsrate von rund 90 Prozent im Schulimpfprogramm und rund 80 Prozent bei den Neun- bis 26-Jährigen und Kanada je nach Provinz bis zu 80 Prozent. In Norwegen und Rumänien wird ebenfalls an Schulen geimpft.

Viele europäische Länder verfolgen laut Bonanni eine "on demand"-Strategie: Dabei kann man sich die Impfung - je nach Alter und Land kostenfrei oder durch teilweise Zuzahlung - beim Arzt abholen. Muss man sich selbst um die Impfung kümmern, ist die Durchimpfungsrate im Vergleich mit Schulimpfprogrammen geringer: in Deutschland z. B. je nach Bundesland zwischen 20 und 50 Prozent, in Frankreich sind mehr als 40 Prozent der 14-Jährigen und 30 Prozent aller 14- bis 23-Jährigen geimpft. In Belgien beträgt die Durchimpfungsrate 55 Prozent.

In Italien werden Mädchen per Brief zur Impfung gerufen - hier haben rund 80 Prozent aller Elf- bis Zwölfjährigen den Impfzyklus begonnen. In der Schweiz hat man sich für die kommenden fünf Jahre eine Durchimpfungsrate von 80 Prozent der Elf- bis 14-Jährigen gesetzt, bisher sind laut Bonanni 65 bis 70 Prozent erreicht. "Österreich war das erste europäische Land, in dem die HPV-Impfung offiziell empfohlen wurde - schade, dass nun alle anderen Länder vorbeiziehen", so der Experte.

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