Simonischek und Voss als Bernhard und Unseld

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Hektisches Feilschen, fragende Blicke und ein ans Unhöfliche grenzendes Gedränge: Das Foyer des Burgtheaters glich am Freitagabend einem Marktplatz. Zahlreiche Menschen waren zur Präsentation des Briefwechsels zwischen Thomas Bernhard und Suhrkamp-Verleger Siegfried Unseld gekommen, die Karten für den von Peter Simonischek und Gert Voss gestalteten Abend reichten jedoch bei weitem nicht aus.

Und so lag so mancher Besucher auf der Lauer nach zurückgegebenen Karten, für die er gerne auch mal ein bisschen mehr bezahlte. Um Geld, um Macht, um Tricks ging es dann auch in den folgenden 90 Minuten. Nach Einführungen der Herausgeber Raimund Fellinger (Suhrkamp) und Martin Huber (Thomas-Bernhard-Archiv) nahmen die beiden Großmeister Voss und Simonischek die Bühne ein. Allein die Position der beiden Lesetische kann als Symbol der Beziehung dieser beiden starken Charaktere Bernhard/Unseld gelten: Am jeweils äußersten Bühnenrand saßen die beiden Schauspieler, der Raum dazwischen wurde nur ab und zu von hämischen, herausfordernden und manchmal auch herzlichen Blicken durchkreuzt.

Wie auch auf der im Hörverlag erschienenen CD gab Gert Voss den gutmütigen, aber doch stets aufs Geschäft bedachten Verleger Unseld, Simonischek hielt als kampfeslustiger, unentwegt nach mehr Geld bittender Thomas Bernhard dagegen. Und welch Schauspiel ist dieses Aufeinandertreffen: Es sind minimale Gesten, nuancierende Stimmlagen und haarsträubende Tempi-Wechsel, mit denen der derzeit noch als Mephisto pausierende Gert Voss, dem man die Beinverletzung nicht mehr ansah, und der ehemalige Jedermann Simonischek dem ohnehin dramatischen Briefwechsel erstaunliches Leben einhauchen. Allein Voss' immer wieder eingestreutes, abgehacktes und alle Gefühle bündelndes "Bernhard!" sagt mehr als jene Tausende von Sätzen, die zwischen den beiden ausgetauscht wurden.

Nur 30 der rund 500 Briefe wurden gelesen, und doch gab die Auswahl ein umfassendes Bild dieser von 1961 bis 1988 andauernden Hassliebe. Die Besetzung hätte kaum besser sein können: Genau wie zwischen Bernhard und Unseld treffen mit Simonischek und Voss zwei überlebensgroße Persönlichkeiten aufeinander, die nicht anders können, als ihre Egos aneinander zu reiben. In beiden Fällen entstand große Energie. Das Publikum dankte mit lang anhaltendem Applaus.

INFO: "Der Briefwechsel Thomas Bernhard - Siegfried Unseld", Herausgegeben von Raimund Fellinger, Martin Huber und Julia Ketterer, Suhrkamp Verlag, 870 Seiten, 41 Euro, ISBN 978-3-518-41970-0; Hörbuch auf 3 CDs, 237 Minuten. Sprecher: Peter Simonischek und Gert Voss. Regie: Götz Fritsch. Produktion: Hessischer Rundfunk, Der Hörverlag, 20,60 Euro, ISBN 978-3-8671-7275-2.

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